Haben Sie einen Tag Zeit für eine abwechslungsreiche Reise? Dann empfehle ich: Fahren Sie mit dem Fahrrad an den Schliersee oder den Tegernsee. So können Sie mit allen Sinnen „erfahren“, wie sich die Landschaft verändert – und immer schöner wird, bis sich am Ziel der See vor Ihnen ausbreitet. Das Fahrrad macht die Anreise zum Erlebnis und die Ankunft zum Triumph.
Was beiden Touren gemeinsam ist:
- Sie legen eine Strecke von 48 bis 56 km zurück.
- Am Ziel können Sie baden gehen.
- Eine moderne Kirche von Rang ist ganztägig geöffnet.
- Für die Rückfahrt können Sie mit dem Rad die Bahn nehmen.
Erste Tour: Zum Schliersee und der Christuskirche.
Über Hohenbrunn, Höhenkirchen und Faistenhaar bis Kreuzstraße. (Bis hierher können Sie auch von Neubiberg aus mit der S 7 fahren und dann erst aufs Rad steigen.) Ab jetzt wird’s schön: Über Sollach oder Hohendilching nach Unterdarching oder gleich Valley. Grandios: der Blick auf die Berge - und die A 8.
Weiter zur Mangfallbrücke, unter der (und der A 8) hindurch es ins Mangfalltal geht. Bald nach der Brücke die Abzweigung auf den Radweg nach Bayrischzell nehmen. Allein das Rauschen der Mangfall und der Anblick ihres klaren Wassers beleben! Der Weg führt durch das Wasserschutzgebiet, in dem das Münchner Trinkwasser gewonnen wird.
Am Spiralschacht Thalham kann man sich dazu informieren, ein Kunstwerk bewundern und die Flasche mit kostbarem Mangfallwasser auffüllen. Weiter nach Miesbach auf ruhigen Nebenstraßen. Ab Miesbach begleitet uns die Schlierach über Agatharied und Hausham bis zum Schliersee. Dort zieht es einen sofort zur Uferpromenade hinter dem Hallenbad. 48,5 km liegen hinter uns und ein idyllischer Bergsee vor uns. Prominent baut sich die Brecherspitze am anderen Ufer auf. Wer mag, radelt um den See und sucht sich eine schöne Badestelle.
Einen ganz anderen Raum betritt man, wenn man in Schliersee die Christuskirche in der Leitnerstraße 2 besucht. 1953-54 wurde sie von Olaf Andreas Gulbransson erbaut. Sie ist modern und doch heimelig. Die drei Kirchenschiffe sind jeweils der Kanzel, dem Altar und dem Taufbecken zugeordnet. So richtet der Raum auf das Zentrale im Gottesdienst aus. Alles in dieser Kirche ist von Gulbransson selbst entworfen. Eines passt zum andern. (Leider nicht das neue Kunstwerk hinter dem Altar …) Eindrucksvoll: der von Gulbransson selbst gefertigte Christus, der über allem schwebt und die Arme ausbreitet: zur Einladung, zur Versöhnung, zum Segen. Handwerkliche Details begeistern: Im Windfang zieht ein buntes Glasfenster mit den Symbolen der vier Evangelisten den Blick auf sich. Im Kirchenraum sind die kleinen runden Fenster mit Glas von Flaschenböden gefüllt. Die Holzstreben, die den Blick nach oben ziehen zu Christus und zum Licht, sind aus unbearbeiteten Zimmermannsbalken gefertigt. So entstand aus schlichten Materialien und Formen ein konzentrierter, stimmiger und im Detail schöner Kirchenraum. Die Kirche wird auf der homepage „Straße der Moderne“ näher beschrieben.
Zurück fahren Sie wie hin – oder samt Rad mit der Regiobahn. In Holzkirchen wechseln Sie den Bahnsteig, um mit der S 3 bis Unterhaching zu fahren. Von dort die letzten Kilometer per Rad durch den Landschaftspark nach Hause. Auch möglich: Mit der Regiobahn bis München-Donnersbergerbrücke. Dort am selben Gleis in die S 7 umsteigen und bis Neuperlach Süd oder Neubiberg fahren.
Zweite Tour: Zum Tegernsee und der Auferstehungskirche in Rottach-Egern
Über Hohenbrunn und Höhenkirchen nach Hofolding. Dort durch den Hofoldinger Forst nach Otterfing. Der Markweg durch den Wald ist für viele Radler schon Ziel genug. Aber es geht weiter nach Holzkirchen und auf der Thanner Straße nach Süden. (Sie können auch von Unterhaching mit der S 3 nach Holzkirchen fahren und dort den schönsten Teil der Tour antreten ...) Am Ortsausgang hinter dem Friedhof gibt es ein tolles Panorama. Eine Tafel nennt die Namen der nahen und fernen Gipfel.
Zum Glück fahren wir aber bergab nach Thann und von dort nach Lochham und Osterwarngau, ein bayerisches Dorf am Taubenberg, das eine eigene Reise wert ist. Von hier aus nach Oberwarngau. Vorsicht: Nicht im Ortskern hängenbleiben im einladenden Gasthof zur Post oder im Cafe! Sondern weiter auf der Straße nach Süden. Wir befinden uns im Miesbacher Land, einer einmaligen, leider auch gefährdeten Kulturlandschaft: kleine Dörfer vor der Kulisse der Alpen. Das erleben wir z.B., wenn wir in Bernloh abzweigen auf eine kleine Nebenstraße Richtung Bürg.
In Festenbach stoßen wir auf die Miesbacher Straße Richtung Süden, die wir gegen Ortsende nach links Richtung Mangfalltal und Rainmühle wieder verlassen. Steil geht’s hinunter an die Mangfall, an der entlang man über Mühlthal nach Louisenthal kommt. Dort liegt die Papierfabrik Gmund – und am Weg deren Laden! In dem lasse ich jedes Mal entsetzlich viel Geld für schöne Grußkarten zu allen Anlässen. Kurz nach Louisenthal erreichen wir Gmund. An der Nordspitze des Tegernsees haben wir 46 km zurückgelegt. Nach einer Pause geht es weiter am See nach Rottach-Egern. Nach 54 km erreichen wir die Auferstehungskirche in der Kißlinger Straße 41.
Sie ist ebenfalls 1954 von O. A. Gulbransson erbaut worden und fügt sich wieder bestens in ihre Umgebung. Ihre Zeltform erinnert daran, dass Gottes Volk noch unterwegs ist zu der bleibenden himmlischen Stadt. Durch den Eingang unterhalb des Turms gelangt man ins Foyer, von dem aus man in den Kirchenraum sehen kann. Auch in dieser Kirche ist alles aufeinander abgestimmt. Das farbige Fenster mit dem Auferstandenen in der Ferne beherrscht den Raum. Wie in Schliersee konzentriert der Raum den Blick auf Christus und die zentral angeordneten Orte Altar, Kanzel und Taufstein. Die Kirche nimmt auf verschiedene Weise die Dreiecksform auf und verweist so auf Gottes Dreieinigkeit. Sobald wir sie wieder verlassen haben, können wir entscheiden, den See noch weiter zu umrunden (und am berühmten Malerwinkel vorbeizukommen) oder doch lieber am Ostufer 6 km zurück nach Tegernsee zu radeln. Dort steigen wir in die Regiobahn und steigen entweder in Holzkirchen in die S 3 bis Unterhaching oder an der Donnersberger Brücke in die S 7 bis Neuperlach Süd oder Neubiberg.
Sebastian Degkwitz