Hermine lebt schon seit über 30 Jahren in Deutschland. Hier erzählt sie, wie sie als Kind Weihnachten in Armenien erlebt hat.
Solange Armenien eine Sowjetrepublik war, galt Religion als Droge. Religiöse Feiern waren keineswegs gerne gesehen. Es gab Weihnachtsbäume, Fichten, Tannen, wie hier in Deutschland, allerdings zu Neujahr. An der Spitze prangte der Sowjetstern.
Seit Armenien eine souveräne Republik ist, wird zunehmend auch Weihnachten gefeiert, obwohl Neujahr nach wie vor das größere Fest ist.
Wie alle Ostkirchen feiert auch die armenisch-apostolische Kirche Weihnachten nicht am 24./25. Dezember, sondern später, am 5./6. Januar (einen Tag früher als die russisch-orthodoxe Kirche). Zur Vorbereitung wird den Gläubigen einwöchiges Fasten empfohlen. Am Weihnachtsabend selbst, dem Surp Dznund (heilige Geburt), finden in den Kirchen Mitternachtsmessen statt, mit spirituellen armenischen Gesängen.
Dabei tragen die Frauen große weiße Kopftücher. Der eigentliche Weihnachtstag ist ein besonderes Familienfest. Die Geschenke bringt der Dzmer Papi, der Weihnachtsopa.
Für alle wird ein großes Festessen vorbereitet: Ghapama, das ist Kürbis, gefüllt mit Reis, Rosinen, Aprikosen und anderen Trockenfrüchten. Dabei steht der Kürbis für die Erde, der Reis für die Menschen und die Trockenfrüchte für die verschiedenen Glaubensrichtungen. Dazu gibt es Fisch und als Abschluss den Ghata (Weihnachtskuchen). In ihn wurde eine Münze Eingebacken, die, so sagt man, dem Finder Glück bringt. An Weihnachten und Neujahr besuchen sich die Familien gegenseitig, denn Familie ist den Armeniern sehr wichtig.
Weihnachtskrippen gibt es nur in den Kirchen. Die Hauptkirche ist prächtig ausgestaltet, die anderen Kirchen dagegen sind sehr schlicht. Auf dem Land, in den Bergen, findet man kleine, kleinste Kapellen, oft nur eine Ikone. Diese Orte werden von den Menschen vielfach als spirituelle Kraftorte empfunden.