Putins Krieg gegen die Ukraine, und vor allem die fürchterliche Brutalität dieses Krieges, haben uns alle fassungslos gemacht. Spontan hatte jeder das Bedürfnis, den vom Krieg Betroffenen irgendwie zu helfen, nur wie? Was kann man als einzelner tun, um das Leid zu lindern?
Eine private Anfrage am Kindergarten „Arche Noah“ gab den Anstoß und in kürzester Zeit fanden sich mehrere Vereine und Institutionen unter dem Dach der Jubilatekirche zusammen zur Initiative „Waldperlach hilft“: Arche-Noah-Kindergarten, Freiwillige Feuerwehr Waldperlach, Helferkreis Asyl Neubiberg, Helferkreis Asyl Waldperlach, Jubilategemeinde, Team Waldperlach (in alphabethischer Reihenfolge). Denn gemeinsam und aufeinander abgestimmt kann Hilfe sehr viel mehr bewirken. In einem Gespräch berichteten Helfer von ihrer Arbeit und antworteten auf Fragen.
Ist die Situation heute ähnlich der nach der Flüchtlingswelle 2015?
Nein, heute sieht es völlig anders aus. Damals waren hauptsächlich Männer gekommen und sie waren an einem Standort untergebracht. Jetzt sind vor allem Frauen und Kinder hier, auch ältere Menschen und sie sind bei Gastfamilien untergekommen und daher sehr verteilt. So ist es schwer, Kontakt zu ihnen aufzunehmen, ihnen Hilfsangebote zu machen. Außerdem wollen die allermeisten Geflüchteten, sobald es irgendwie geht, wieder zurück in die Ukraine.
Wo liegen die größten Schwierigkeiten? Ist es die Sprache, so wie 2015?
Erstaunlicherweise nicht. Das heißt nicht, dass es gar keine Probleme gibt, aber die sind gut lösbar. Ungefähr die Hälfte der Ukrainer spricht Englisch. Ansonsten hilft Google Translator für Ukrainisch oder Russisch. Sogar eine Kontrolle, ob Google richtig übersetzt hat, ist möglich mit DeepL. Für die Mütter der Grundschulkinder bieten wir „Mama lernt Deutsch“ an. Bei einem gemeinsamen Frühstück im Gemein- dehaus wollen wir die Frauen dabei unterstützen, sich sprachlich im Alltag zurechtzufinden – zunächst jeden Montag ab 8.30 Uhr. Das kann aber erweitert werden zu gemeinsamem Mittagessen und gemeinsamem Kochen.
Wie sieht es mit Behördengängen aus? Die Geflüchteten müssen sich doch registrieren.
Das ist kein Problem, denn die allermeisten wurden sofort nach der Ankunft registriert.
Wie steht es denn mit Impfungen, bei den Kindern gegen Masern, bei den Erwachsenen gegen Corona?
Ukrainische Kinder sind in der Regel bereits gegen Masern geimpft. Waldperlacher Ärzte haben angeboten, den für Schule und Kindergarten nötigen Nachweis unbürokratisch durchzuführen. Erwachsene Geflüchtete haben die Coronaimpfung durchaus positiv aufgenommen. Teilweise wurden sie schon am ersten Tag nach ihrer Ankunft geimpft – was auch für die Helfer beruhigend ist.
Suchen viele Geflüchtete schon nach einer Arbeitsstelle?
Nein, denn die allermeisten wollen wieder nach Hause.
Wo liegt die größte Schwierigkeit für eure Arbeit? Denn viele Probleme, die man zunächst vermuten würde, scheinen ja gar nicht so groß zu sein.
In der Tat ist das Hauptproblem ein ganz anderes. Wir haben keinen Überblick, wo Geflüchtete bei Gastfamilien untergebracht sind. Die Stadt München darf aus Datenschutzgründen darüber keine Auskunft geben. Wir möchten ja auch die Gastfamilien, die ungeheuer viel leisten, unterstützen und entlasten. Aus diesem Grund veranstalten wir zunächst ein Willkommensfest, am Samstag, 30. April, für alle Geflüchteten und ihre Gastfamilien, um sowohl den Kontakt zu ihnen als auch untereinander zu ermöglichen.
Was würdet Ihr euch von uns Waldperlachern oder Neubibergern oder Putzbrunnern am meisten wünschen, denn die Hilfsbereitschaft ist ja da?
Das Wichtigste zunächst ist, Informationen weiterzugeben. Wenn Sie jemand kennen, Geflüchtete oder Gastgeber, informieren Sie über unsere Angebote, zu allen Fragen, Sprache, Behörden, Gesundheit, was auch immer: info@team-waldperlach.de oder 089-93 96 17 23 oder www.jubilatekirche.de. Jede helfende Hand ist willkommen.
Viele Menschen sind durch die Tatsache eines Krieges so nahe bei uns und angesichts des vielen Leides ins Grübeln gekommen, über unsere Lebenssituation und über unseren Lebensstil. Empfindet Ihr das genauso?
Man kann nur unendlich dankbar sein für unsere Lebenssituation, dass wir in Frieden leben dürfen. Das schließt aber auch eine Verpflichtung ein, den vom Krieg so schwer Betroffenen, so gut es geht, zu helfen.
Anne Kübel