Zu Ostern ist es unser liebgewordenes Ritual geworden, zum Waldkirchlein nach Piusheim bei Glonn zu „pilgern“. In einem Buchenwald versteckt liegt dieses Kleinod, entlang von einem Kreuzweg erreicht man es am Waldrand. Nach den Wintermonaten erwacht die Natur zaghaft aus der Winterruhe, erste Blüten zeigen sich am Waldboden, die Vögel beginnen wieder zu singen - die Sonnenstrahlen wärmen die Seele.
Wallfahrtsort seit Jahrhunderten
Kommt man dem Kirchlein näher, überrascht das muntere Plätschern einer Quelle, die direkt unter dem Gebäude hervor sprudelt. Daneben hängen Schöpfkellen an der Wand, von denen reger Gebrauch gemacht wird, das verraten die Spuren am Mauerwerk dahinter. Nicht selten machen Menschen vor der Quelle halt, und füllen sich das Wasser in eigens dafür mitgebrachte Flaschen. Seit Urzeiten bereits werden dem Wasser ganz besondere Heilkräfte zugesprochen, unter anderem bei Augenleiden. Der Sage nach wurden Menschen, die sich hier gewaschen haben, von der Pest befreit. Im Jahr 1635 bauten Anwohner dann die kleine Kapelle über die Quelle. Seither pilgern viele Menschen von fern und von nah zu diesem mystischen Ort.
Die Quelle, nur noch ein Rinnsal
So pilgerten wir auch im Coronajahr 2020 wieder zu unserer kleinen Kraftquelle - mit dem Ansinnen, unseren traurigen Seelen mit diesem Ort etwas Gutes zu tun.
Doch der Schreck war groß, als wir in die Brunnenstelle sahen - die Quelle, die uns sonst munter gurgelnd begrüßt hatte, war zu einem kleinen Rinnsal geschrumpft. Die Schöpfkellen waren abgenommen, auch wegen der Pandemie. Niemand kam uns lächelnd mit beräderten Wasserkästen entgegen, es war still hier - sehr still. In diesem Corona-Frühling war eben alles anders, auch hier! Einige Wanderer mutmaßten, Baumfällarbeiten im Herbst hätten wohl den Quellgrund oberhalb beschädigt. Andere wiederum meinten, es läge eher an den vielen trockenen Jahren. Der Grundwasserspiegel zeige ebenfalls Veränderungen.
Das war ein trauriger Anblick, nachdenklich gingen wir unseren Spaziergang durch die schöne Landschaft weiter. Ob die Quelle jetzt endgültig versiegt war? Selbst den kältesten Wintern hatte sie bisher tapfer stand gehalten und war munter weiter geflossen.
Sie sprudelt wieder, meine kleine Kraftquelle
Was auch immer geschehen ist - ob es die Natur war, genügend Regenwasser im letzten Jahr oder der liebe Herrgott? Es hat ein gutes Jahr gedauert - jetzt sprudelt sie wieder, die kleine Quelle. In diesem Jahr werden wir ganz sicher wieder zu Ostern unsere persönliche Osterwallfahrt unternehmen. Für die Schöpfung dankbar sein, erste kleine Blüten am Waldboden suchen, still dem Vogelgezwitscher lauschen und dem fröhlichen Plätschern vom „Frauenbründlbachl“.
Gabriele Donath