"Prüft alles und behaltet das Gute."

Das Wörtchen Alles. Da ist es wieder. Aufmerksame Leser kennen es bereits aus der Jahreslosung für 2024, da heißt es ja: „Alles, was ihr tut, geschehe in Liebe“ (1. Korinther 16,14). Auch dieses Mal ist die Jahreslosung den Paulusbriefen entnommen. Paulus denkt eben in großen Zusammenhängen.

Alles.

In meinem Leben kann ich in der Regel aus einer Fülle an Möglichkeiten schöpfen. Diese Fülle zeugt von einer großen Freiheit. Zugleich ist das Leben begrenzt: Wir können nicht alles verwirklichen, was uns offensteht. Entscheidungen schließen andere Entscheidungen aus. Das Alles ist uns nicht im Modus des „sowohl, als auch“ verfügbar, sondern meist nur im „Entweder, oder“. Das beginnt schon mit der Entscheidung am Obstregal, mit der Wahl eines Berufs, dem Finden eines Partners, der Familienplanung, dem Ehrenamt und so fort. Lebenskunst könnte man das nennen, frei nach Goethe, der sagte: Alle Kunst ist Auswahl.

Prüft alles.

Wo scheinbar alles offensteht, liegt es an mir, meinen Weg zu finden. Genau hier beginnt der „Prüfauftrag“. Wir Christen haben die Aufgabe, zu differenzieren zwischen allem, das wir machen können, und dem, was wirklich gut tut und gottesgemäß ist. Paulus schreibt dann weiterhin im Galaterbrief: „Ein jeder aber prüfe sein eigenes Werk.“ (Galater 6,4). Doch es sind nicht nur wir, die prüfen. Paulus sagt in 1. Thessalonicher 2,4: Gott prüft unsere Herzen. Das ist eine spannende Perspektive. Bei Paulus sind wir die Prüflinge, die von Gott geprüft werden und zugleich sich selbst prüfen sollen.

Gott ist es wichtig, wie wir die Dinge im Leben prüfen. Reicht es nicht, wenn ich allein schon mit meinen Entscheidungen leben muss? Diese doppelte Prüfung kann auch schnell zur Zumutung werden. Das Schöpfen aus Allem und die damit verbundene Verantwortung können auch wie eine Last wirken. Gerade wo Gewohnheiten und Traditionen abbrechen, fallen Entscheidungshilfen weg. Nicht wenige werden orientierungslos und müde in dieser Wahlgesellschaft. Wie sollen wir im Dickicht der Entscheidungen das Gute erkennen?

Prüft alles und behaltet das Gute.

Für Paulus haben Christen ein feuerfestes Fundament mit ihrem Glauben, durch den sie gelassen den Unsicherheiten des Lebens begegnen. Im ersten Petrusbrief wird der Glaube verglichen mit Gold, das im Feuer geprüft wurde (1. Petrus 1,7). Da ist also bereits etwas gut in unserem Leben, das die Feuerprobe bestanden hat. Bei Gott kann ich dann nicht mehr durch die Prüfung durchfallen. Sondern es ist eigentlich eine positive Zumutung Gottes. Das ist etwas Gutes dran am Prüfen in unserem Leben!

Die Jahreslosung steht im Licht des Evangeliums. Es ist damit Zuspruch zu neuem Leben. Ausgehend von der Gewissheit, dass Gott uns im Glauben an ihn geprüft hat, können und sollen wir in allen Entscheidungen die Chance für das Gute sehen. Denn überhaupt nur, wenn wir aufmerksam und prüfend durch das Leben gehen, können wir das Gute im Leben finden – für uns und natürlich für andere um uns.

Ich wünsche Ihnen Zuversicht, sich dem zu stellen, was in Ihrem Leben der Prüfung bedarf und das Gute in allem zu finden!

Ihr Vikar Yannick Schlote